Veranstaltung: | Landesparteitag |
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Tagesordnungspunkt: | Anträge |
Antragsteller*in: | Landesvorstand, Jan Philipp Albrecht, Silke Backsen (dort beschlossen am: 28.09.2019) |
Status: | Angenommen |
Eingereicht: | 29.10.2019, 16:11 |
Antragshistorie: | Version 1 |
N 6NEU: Das Wattenmeer nicht in der Nordsee ertrinken lassen
Antragstext
Das Wattenmeer nicht in der Nordsee ertrinken lassen
Der aktuelle Bericht „Ozean und Kryosphäre“ des Weltklimarates IPCC
(Intergovernmental Panel on Climate Change) mit seinen 195 Mitgliedstaaten
bestätigt unsere schlimmsten Befürchtungen. Über 100 Wissenschaftler*innen aus
80 Ländern haben die Klimaveränderung der Ökosysteme im Ozean, Küstenregionen,
Polarmeeren und Berggewässern erforscht und in diesem Bericht für politische
Entscheidungsträger*innen zusammengetragen.
Das Ergebnis ist eindeutig: der menschengemachte Klimawandel und die
Erderhitzung werden sich künftig drastisch beschleunigen. Die Eismassen an den
Polen schmelzen noch schneller als bislang angenommen und die Meeresspiegel
steigen noch deutlicher. Für Schleswig-Holstein als Land zwischen den Meeren ist
das eine besonders schlechte Botschaft. Das zeigt, dass wir dringend heute
handeln müssen, um morgen noch Chancen auf intakte Lebensbedingungen zu haben,
denn Klimaschutz ist der beste Küstenschutz.
In Folge des beschleunigten Meeresspiegelanstiegs droht das Wattenmeer zu
ertrinken, die Erosion nicht nur der sandigen Küsten, sondern auch der Inseln
und Halligen nimmt zu und immer häufigere Sturmfluten bedeuten ein immer
größeres Risiko. In der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts ist mit
Sedimentdefiziten im Wattenmeer und Verlusten von Wattflächen und Salzwiesen zu
rechnen. Beides sind Puffer vor Überschwemmungen. Für den Schutz der einmaligen
Küstennatur und der Küstenbewohner*innen haben das Wattenmeer und eine möglichst
natürliche, widerstandsfähige Küstenlandschaft eine immense Bedeutung. Wir
müssen dem Verlust einzigartiger Lebensräume, wie Wattflächen, Dünen und
Salzwiesen im Wattenmeer entgegen wirken – um das Leben an der Küste auch in
Zukunft zu ermöglichen, um einen einmaligen Lebensraum für kommende Generationen
zu erhalten.
- Wir betonen die Möglichkeiten der 2015 von der Landesregierung
verabschiedeten „Strategie Wattenmeer 2100“, die als eine in Betracht zu
ziehende Anpassungsoption das Ausgleichen der Defizite durch Einbringen
von Material z. B. aus der Nordsee an geeigneten Stellen vorsieht.
- Statt mit harten Schutzbauten aus Stein oder Beton gegen die Kräfte der
Natur anzuarbeiten, sollte dort wo dies möglich ist, eher „weicher
Küstenschutz“ im Einklang mit der Natur z. B. in Form von Sandaufspülungen
zum Einsatz kommen.
- Auch die Anpassung der Deichlinie kann sich in manchen unbewohnten
Küstenniederungen der Nordseeküste als Maßnahme eignen. Durch die
Verlegung der Deichlinie kann verlorene Küstennatur wiederhergestellt
werden und mit dem Meeresspiegelanstieg besser mitwachsen. Zusätzlich
wirken diese Überflutungsflächen vor dem Deich als Puffer gegen
Sturmfluten.
- Um Anpassungsstrategien zu entwickeln und in konkrete Maßnahmen
umzusetzen, braucht es wirksame Politik und geeignete Förderinstrumente
auf EU-, Bundes- und Landesebene.
Begründung
Begründung:
Silke Backsen, Sprecherin der Grünen OV Pellworm, hat gemeinsam mit ihrer und weiteren Familie, die auch in Deutschland Biolandwirtschaft betreiben, gemeinsam mit Greenpeace die Bundesregierung verklagt.
Wir als Landesverband haben die Unterstützung dieser Klage beschlossen und sehen diesen konkreten Antrag zur Klimaanpassung im Wattenmeer auch als Teil dieser Unterstützung. Die Klage wird in der Woche nach unserem Landesparteitag, am 31.10. um 10 Uhr in Berlin vor dem Verwaltungsgericht verhandelt.
Silke Backsen schreibt zur Klage: Wir haben es in den letzten Jahren immer wieder gespürt, die Wetterextreme treten auch in der Wattenmeer-Region immer häufiger auf. Starkregenereignisse, Dürreperioden, häufige Sommerhochwasser, lang anhaltende Sturmperioden...schon jetzt wird es zunehmend schwieriger, Landwirtschaft zu betreiben. Hinzu kommt bei allen Bewohner*innen der Inseln und Halligen die Angst vor dem steigenden Meeresspiegel. Wir - Familie Backsen von Pellworm - haben uns deshalb 2018 entschlossen, gemeinsam mit zwei weiteren Bio-Landwirtsfamilien und Greenpeace die Bundesregierung zu verklagen und zwar auf Einhaltung der Klimaziele 2020, von denen niemand mehr spricht! Unsere Insel liegt in vielen Bereichen unter dem Meeresspiegel und die Erhöhung der Deiche wird irgendwann nicht mehr ausreichen. 384 Jahre bevor wir die Klage beim Verwaltungsgericht in Berlin eingereicht haben, gab es eine große Sturmflut, bei der die Insel Strand endgültig zerrissen wurde. Pellworm wurde vom Festland getrennt, tausende Menschen starben. Wir leben in einem von Natur aus sehr dynamischen Lebensraum, der schon immer einem ständigen Wandel unterlag. Aber durch die menschengemachte Erwärmung der Erde werden diese Prozesse extrem beschleunigt. Wir brauchen JETZT wirksame Klimaschutzmaßnahmen seitens der Politik, um diesen einmaligen Lebensraum zu bewahren und das Leben und die Sicherheit der Menschen im Wattenmeer zu gewährleisten.
Unterstützer*innen
Zustimmung
- Gerd Weichelt
- Rolf Martens
- Regine Planer-Regis
- Detlef Witt
- Christine Herde-Hitziger
- Philipp Diepmans
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